Vorstädter-Chilbi

Tagwachtschiessen und Morgenständchen
Bereits am Samstag vor der Chilbi herrscht munteres Treiben in der Vorstadt, der sogenannt „Minderen Stadt“. Dies ist der Tag des Bruderschaftsweibels, welcher für die Vorbereitung der höchsten Vorstädter Feiertage verantwortlich ist. Mitglieder der Bruderschaft, die sogenannten „Buechlisteller“, schmücken die Vorstadt mit Buechli aus dem Solothurner Stadtwald. Der Dornacherbrunnen wird festlich geschmückt und die Vorstadt wird mit Fahnen verziert. Diese sind auch auf den Brücken montiert, allerdings nur bis in die Mitte. Man signalisiert damit, dass es ein Fest der „Minderen Stadt“ ist und die „Mehrere Stadt“ an diesen beiden Tagen in der Vorstadt nichts zu sagen hat.

Punkt 07.00 Uhr am Chilbi-Morgen walten die Kanoniere ihres Amtes mit 11 Böllerschüssen aus der Bruderschaftskanone. Elf deshalb, weil dies die heilige Solothurner Zahl ist.

Nach dem elften Schuss ertönt der Chilbi-Marsch, intoniert von der Blaskapelle Konkordia Solothurn, Ehrenverein der Bruderschaft seit 1920. Danach erfreut sie die anwesenden Brüder, Schwestern und Gäste mit einem kurzen Ständchen. Traditionsgemäss spielt sie anschliessend beim Bürgerspital Solothurn für die Patienten und das Personal.


Festgottesdienst
Dieser beginnt um 08.15 Uhr in der Alten Spitalkirche zum Heiligen Geist in der Vorstadt zu Solothurn. Der Gottesdienst ist römisch-katholisch, die Festpredigt hält alternierend ein Geistlicher der drei Landeskirchen. Die musikalische Mitgestaltung erfolgt durch den Domchor St. Urs, welcher seit 1950 Ehrenverein unserer Bruderschaft ist.

Am Gottesdienst nehmen Brüder, Schwestern und Gäste teil. Männer und Frauen sitzen - nach alter Sitte - getrennt.

Man gedenkt an diesem Gottesdienst der verstorbenen Brüder und Schwestern, welche uns seit der letzten Chilbi für immer verlassen haben.

 

Besuch des Vorstandes und der Ehrengäste bei der Spitalschwestern-Gemeinschaft Solothurn
Im Anschluss an den Gottesdienst fährt der Vorstand mit seinen Ehrengästen zu der Spitalschwestern-Gemeinschaft an der Schöngrünstrasse 30. Diese Gemeinschaft wurde im Jahre 1788 gegründet. Jede Spitalschwester ist ex officio auch Sankt Margrithen-Schwester.

Bei Spittelwein und Hirzenhörnli entstehen interessante Gespräche. Der Vorstand besucht kranke Schwestern und Brüder im Bürgerspital und überbringt ihnen einen Chilbi-Maien in Form eines Ansteckers, den alle Chilbi-Teilnehmer an diesem Festtag tragen.


Damenprogramm
Nach dem Festgottesdienst trennen sich bis zum Chilbi-Zügli die Wege von „Männlein und Weiblein“. Ein Zweierteam organisiert jeweils ein hochinteressantes Damenprogramm mit Führungen und Besichtigungen. Dazu gehört jeweils auch ein feines Mittagessen.


Pfannenprobe und Einkehr in den Tavernen der Minderen Stadt
Nach dem Besuch bei den ehrwürdigen Spitalschwestern fährt die Gesellschaft retour in die Vorstadt, wo der Festwirt sich der sogenannten „Pfannenprobe“ zu stellen hat. Der Vorstand und ein kleiner Kreis von Ehrenbrüdern und Ehrengästen degustiert die traditionelle Krebsensuppe, dem zweiten Gang des Chilbi-Menüs. Es wird überprüft, ob es auch genügend Krebse in dieser Suppe hat.

Danach begibt man sich kurz in die Vorstadt-Tavernen. Abschluss dieses Rundgangs bildet stets der Besuch beim Domchor St. Urs, welcher die Gäste mit ihrem Gesang erfreut. Dabei ist es zur Tradition geworden, dass auch ein Teil der Besucher jeweils kräftig mitsingt. Obligat ist auch, dass jedes weibliche Mitglied des Domchors eine Rose als Geschenk erhält.


Chilbi-Mahl
Um Punkt 12.00 Uhr betreten Vorstand, Festprediger und Festredner gemeinsam den bereits mit rund 160 Brüdern und Gästen gefüllten Festsaal im Alten Spital. Es ist Tradition, dass danach jeder Teilnehmer persönlich per Handschlag begrüsst wird. Bereits der Einmarsch wird musikalisch begleitet durch die Kapelle Gebrüder Reber, welche seit 1982 Ehrenverein der Bruderschaft Sanctae Margarithae Solothurn ist und seit 1966 die Chilbi musikalisch gestaltet. Sie umrahmt die beiden Festtage mit flottem Spiel.

Die Vorspeise wird aufgetragen und der Festprediger spricht ein Tischgebet.

Anschliessend begrüsst der Obmann alle Anwesenden. Dieser Begrüssung folgt die an der Pfannenprobe gekostete Krebsensuppe. Bei der Ehrung der Toten werden die seit der letzten Chilbi verstorbenen Bruderschaftsmitglieder noch einmal namentlich erwähnt und die Versammlung erhebt sich zum Gedenken von den Stühlen.

Nach dem Hauptgang folgt das Protokoll der letzten Vorstädterchilbi, vorgetragen vom Cancellarius, welcher dieses wohlgereimt vorträgt.

Einer der Höhepunkte des Tages ist die vaterländische Ansprache, der sogenannte Toast auf das Vaterland, welcher von einer Persönlichkeit aus Politik, Wirtschaft oder Militär gehalten wird.

Im Anschluss daran folgt das Verlesen des Schlachtberichts von Robert Glutz von Blotzheim, welcher die Geschehnisse in dramatischer Art beschreibt, vorgetragen durch den Cancellarius. Mit dem Bruderschaftslied wird noch einmal unserer tapferen Ahnen gedacht.

Nach dem Dessert folgt die Versteigerung des Vortanzes. Es wird ein Grundbetrag von jedem Teilnehmer einbezahlt, danach wird unter der Aegide des Bieters gesteigert. Es herrscht das „amerikanische“ Prinzip, d.h., der Bieter entscheidet schlussendlich, wem der Vortanz „gehört“. Hier gibt es manchmal interessante Ausmarchungen. Voraussetzung ist es, dass die Braut des Vortänzers auch verfügbar ist.


Chilbi-Zügli
Von diesem Moment an sind „Männlein und Weiblein“ wieder beisammen, haben doch die Schwestern nun ihr Programm auch beendet.

Das Chilbi-Zügli führt durch die Strassen der Vorstadt. Hinter dem Fähnrich mit der Bruderschaftsfahne wird dieses angeführt durch den Venner, gefolgt von den Harnischmannen, welche die Solothurner Krieger anlässlich der Schlacht bei Dornach darstellen. Diese werden gefolgt vom Vortänzerpaar, anschliessend sind die schmucken Herren des Vorstandes zu sehen. Anlässlich der Chilbi sind diese in Cut und Zylinder gekleidet, bei auswärtigen Anlässen verfügt die Bruderschaft ebenfalls über historische Kostüme.

Hinter dem Vorstand ziehen die Pfannenkinder immer wieder staunende Blicke auf sich. Sie laufen mit geschwärzten Pfannen am Strassenrand und machen damit Platz für die Chilbi-Gesellschaft. Hinter den Pfannenkindern folgt der Bräntenmann. Wie es der Name sagt, führt er eine Bränte, gefüllt mit Spittelwein, mit sich. Die Weinkredenzer verteilen in eigenen Kelchen diesen Wein an die Gemeinde. Anschliessend folgen die Mitglieder der Bruderschaft und die geladenen Gäste.

An diversen Plätzen spielt die Kapelle Gebrüder Reber zum Tanz auf, wobei der erste Tanz immer vom Vortänzerpaar eröffnet wird. Ebenso wird auf der Kreuzacker- und der Wengibrücke getanzt, allerdings nur bis in die Mitte. Diese beiden Tage gehören – wie bereits erwähnt – der „Minderen Stadt“ und man zeigt damit an, dass die „Mehrere Stadt“ dann in der Vorstadt nichts zu sagen hat.

Seit einigen Jahren erfolgt die sogenannte „Bräntelärete“ im Oberen Winkel. Hier offeriert die Bruderschaft zusätzlich Bier und Brezel, welche einen grossen Zuspruch erhalten.

Im Anschluss daran kehrt man in die Vorstadt-Tavernen ein, wo wiederum für das leibliche Wohl gesorgt ist. Um 20.00 Uhr geht es nämlich weiter mit dem Chilbi-Tanz im Restaurant Aaregarten. Auch hier gehört der erste Tanz dem Vortänzerpaar. Bis in die späten Stunden wird getanzt, getrunken und diskutiert, bis sich die Gesellschaft früher oder später auflöst, denn die Brüder müssen am nächsten Tag für die Generalversammlung, die „Saure Leber“, wieder gerüstet sein.